Strafzinsen: Immer mehr Banken schaffen Freibeträge auf Einlagen ab

Bildquelle: pixabay.com / USA-Reiseblogger

Immer mehr Banken für Strafzinsen auch für Privatkunden einNachdem gestern die Volks- und Raiffeisenbank im oberbayerischen Fürstenfeldbruck für Schlagzeilen sorgte, weil sie seit 1. Oktober Negativzinsen ab dem ersten Euro auf Tagesgeldkonten neuer Privatkunden erhebt, berechnet nun auch die Commerzbank einigen Unternehmenskunden Strafzinsen ohne Freibetrag. Die Informationen des „Handelsblatt“ ist von der Maßnahme allerdings bislang nur eine überschaubare Zahl der 70.000 Commerzbank-Firmenkunden betroffen.

Schon mehr als 150 deutsche Banken erheben Strafzinsen

So soll es sich meist um Kunden handeln, die auf ihrem Commerzbank-Konto viel Geld geparkt haben, mit denen das Frankfurter Geldinstitut aber ansonsten kaum Geschäfte macht. Einem namentlich nicht genannten Unternehmen soll ein Strafzins von 0,5 Prozent auf alle Sichteinlagen angesetzt worden sein. Den Freibetrag von bis dato einer Million Euro habe die Bank ersatzlos gestrichen. Auch bei privaten Kunden mit großen Vermögen sollen die Freibeträge bereits wackeln. „Bei Firmenkunden, großen Konzernen, institutionellen Kunden und Kunden des öffentlichen Sektors, die hohe Guthaben als Einlagen bei uns parken, haben wir seit Beginn der Negativzinsen sukzessive eine individuelle Guthabengebühr für die überschüssige Liquidität vereinbart“, sagte ein Sprecher der Bank. Auch die erneute Zinssenkung der EZB werde man daher grundsätzlich an die Firmenkunden weitergeben.

Auch die Volks- und Raiffeisenbank Fürstenfeldbruck hatte gestern mitgeteilt, dass der von ihr erhobene Strafzinssatz für Neukunden bei 0,5 Prozent liegt. Diese Maßnahme diene in erster Linie dem Schutz der Altkunden vor Negativzinsen. Grundsätzlich steigt die Zahl der Banken und Sparkassen, die Strafzinsen an Privat- und/oder Geschäftskunden weitergeben, kontinuierlich an. Wie das Verbraucherportal biallo.de ermittelte, ist dies aktuell schon bei mehr als 150 deutschen Geldinstituten der Fall. 52 davon erheben ein sogenanntes Verwahrentgelt im Privatkundenbereich. Dabei gilt jedoch in der Regel ein bestimmter Freibetrag, zum Beispiel in Höhe von 100.000 Euro. Trotzdem rechnet Jürgen Gros, Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern (GVB) damit, dass weitere Banken dem Beispiel der Fürstenfeldbrucker folgen werden. „Faktisch geht es darum, gegenüber Neukunden ein Signal zu setzen, deren Einlagen Kosten verursachen würden“, so Gros. So schreckten die Institute Kunden ab, die nur zu ihnen kommen, weil sie woanders diese Zinsen schon zahlen müssten.

Banken kämpfen mit unattraktiven Anlagemöglichkeiten

Gerade Volks- und Raiffeisenbanken verzeichneten in den vergangenen Jahren ein großes Einlagenwachstum. Wenn sie dieses nicht in Krediten nicht wieder ausgeben könne, müsse die Bank das Geld anlegen, sagte Gros. Die derzeitigen Einlagemöglichkeiten seien jedoch alle negativ – ob Staatsanleihen, Unternehmensanleihen oder Einlagen bei der Europäischen Zentralbank. Man habe so als Bank „lediglich die Wahl zwischen negativen Rentierlichkeiten“. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) rät Kunden daher, sich bei ihrer Hausbank individuell beraten zu lassen und je nach Situation und Risikoeignung auch alternative Anlageformen wie Fonds in Betracht zu ziehen.

Autor: Wolfgang Brunner
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