Die Staatsanwaltschaft Köln hat ihre Ermittlungen gegen die Deutsche Bank im Zusammenhang mit umstrittenen Cum-Ex-Steuergeschäften deutlich ausgeweitet. Laut einem Bericht von NDR, WDR und „Süddeutscher Zeitung“ sind jetzt auch der aktuelle Vizevorstandschef Garth Ritchie, der ehemalige Co-Vorstandschef Anshu Jain sowie Ex-Bankchef Josef Ackermann ins Visier der Ermittler geraten. Insgesamt ermittelten die Behörden gegen 70 heutige und frühere Beschäftigte, so das Recherchenetzwerk.
Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe durch Cum-Ex-Deals
Ein Sprecher der Bank bestätigte die Ausweitung der Ermittlungen, wollte sich jedoch nicht zu einzelnen Personen äußern. Mit dem Vorgehen habe die Staatsanwaltschaft in erster Linie die Verjährung möglicher Straftaten unterbrechen wollen. „Das ist ein übliches Vorgehen und die Staatsanwaltschaft ist so auch bei anderen Banken verfahren. Die Bank geht davon aus, dass diese prozessuale Maßnahme auf einer geänderten Einschätzung durch die Staatsanwaltschaft beruht“, sagte der Sprecher. Tatsächlich drohen in diesem Sommer zahlreiche Cum-Ex-Vergehen zu verjähren. Dahinter verbergen sich Aktiengeschäfte, bei denen Aktien mit und ohne Dividendenansprüche mehrfach hin- und hergeschoben werden, um sich eine lediglich einmal gezahlte Steuer auf Dividendenerlöse mehrfach vom Finanzamt erstatten zu lassen. Dem Staat soll so ein Schaden in zweistelliger Milliardenhöhe entstanden sein.
Eine Hochphase der Cum-Ex-Geschäfte war im Jahr 2009. Allein in diesem Jahr erstattete der Fiskus mehr als eine Milliarde Euro an Kapitalertragssteuern. Da die Verjährungsfrist bei schwerer Steuerhinterziehung zehn Jahre beträgt, wären diese Geschäfte nun von einer Verjährung betroffen gewesen. Die Deutsche Bank betonte in einer Stellungnahme, keine Gesetze gebrochen zu haben. „Die Deutsche Bank hat an einem organisierten Cum-Ex-Markt weder als Leerverkäuferin noch als Cum-Ex-Erwerberin teilgenommen“, hieß es aus dem Geldhaus. Ins Visier der Ermittler sind aber inzwischen auch solche Banken geraten, die diese Aktiendeals nicht selbst betrieben haben, aber als Dienstleister gebraucht wurden, um die Geschäfte abwickeln und die Gewinne verteilen zu können. Darunter könnte möglicherweise auch die Deutsche Bank fallen. Heutzutage sind derartige Geschäfte nicht mehr möglich, da der Gesetzgeber die damals von Anlegern ausgenutzte Gesetzeslücke inzwischen geschlossen hat.
Eine der führenden Investmentbanken unter Ackermann
Der jetzt unter Verdacht geratende ehemalige Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann führte die Bank zwischen 2002 und 2012. Der Investmentbanker übernahm den Job als erster Ausländer bei Deutschlands führendem Geldhaus und polarisierte von Anfang an. 2005 strich er Tausende Stellen und verkündete zeitgleich ein Renditeziel von 25 Prozent. Unter seine Führung stieg die Bank nicht nur zu einer weltweit führenden Investmentbank auf, sie kam auch ohne Staatshilfen durch die Finanzkrise. Unter Ackermanns Nachfolgern geriet die Deutsche Bank in eine tiefe Krise, der Aktienkurs fiel von einstmals 110 auf aktuell gerade einmal noch sechs Euro.