Wer derzeit auf die angebotenen Zinssätze schaut und einen laufenden Kredit hat, reibt sich schnell ungläubig die Augen. Die Werte sind wesentlich niedriger als noch vor einigen Jahren. Ohne zum Teil saftige Vorfälligkeitsentschädigung kommt man jedoch eigentlich nicht aus bestehenden Darlehensverträgen heraus. Ein juristischer Trick, den das “Handelsblatt” auf den Namen “Widerrufs-Joker” getauft hat, macht es in vielen Fällen allerdings doch möglich, ohne Verlust zu kündigen.
So funktioniert der “Widerrufs-Joker”
Bedingung ist, dass der Kredit nicht vor 2002 geschlossen worden sein darf. Damals hat der Gesetzgeber die Widerrufsbelehrung geändert, was an vielen Banken jedoch scheinbar vorbeigezogen ist. In ihren Darlehensverträgen sind die entsprechenden Klauseln gemessen an der aktuellen Gesetzeslage fehlerhaft. Die Widerrufsfrist von zwei Wochen spielt deshalb keine Rolle mehr. Die Folge ist: Kunden können, so die entsprechenden Passagen in ihren Verträgen ebenfalls fehlerhaft sind, ihre Darlehensvereinbarungen umsonst kündigen. Durch die sehr viel niedrigeren Zinsen entsteht bei dieser Form der Umschuldung eine beträchtliche finanzielle Entlastung.
Verbraucherzentrale Hamburg: Mehrheit der Verträge ungültig
Schon im Januar fiel der Verbraucherzentrale Hamburg das Phänomen der fehlerhaften Widerrufsklauseln auf. Die Experten des Hauses untersuchten in der Folge, wie verbreitet diese tatsächlich sind. Das Ergebnis ist besorgniserregend für die Banken und überaus erfreulich für die Kunden: Insgesamt nahm die Verbraucherzentrale mehr als 300 Kreditverträge von allen namhaften Finanzinstituten unter die Lupe und kam zu dem Ergebnis, dass in mehr als zwei Drittel der Fälle die sensiblen Passagen nicht an die aktuelle Gesetzeslage angepasst waren.
Kunden, die nicht sicher sind, ob auch ihr Kreditvertrag betroffen ist, können dies leicht feststellen: Die Formulierung muss eindeutig sein. Nicht enthalten sein darf beispielsweise der Ausdruck “Frühestens”. Diesen hat der Bundesgerichtshof 2002 für ungültig erklärt. Es dürfen keinerlei Ablenkungen in die Klauseln eingebaut sein, welche den Sinn der Widerrufsbelehrung verfälschen könnten. Zudem muss diese optisch hervorgehoben sein, was sehr häufig jedoch nicht der Fall ist.