Großbritannien wird von einem Bankenskandal gewaltigen Ausmaßes erschüttert, denn den führenden Geldhäusern wird von der englischen Bankenaufsicht vorgeworfen, von 2005 bis 2009 bewusst den LIBOR manipuliert zu haben, um sich auf diese Weise finanzielle Vorteile in Milliardenhöhe zu erschleichen. Die Abkürzung steht für “London InterBank Offered Rate” und beschreibt den Zinssatz, zu dem sich Geldhäuser weltweit gegenseitig Kredite geben. Er entsteht dadurch, dass der britische Bankenverband BBA täglich die führenden Geldhäuser in London befragt und aus den Ergebnissen einen Durchschnittswert errechnet. Der LIBOR ist für tägliche Finanzgeschäfte mit einem Volumen von 500 Billionen Euro maßgeblich.
Banken-Kartell soll LIBOR bewusst manipuliert haben
Von 2005 bis 2009 soll sich geheim ein weltweit operierendes Banken-Kartell gebildet haben, das den Zinssatz bewusst zum eigenen Vorteil manipulierte. Brauchten die Geldhäuser ein Darlehen, ließen sie den LIBOR sinken. Wollten Sie Kredite vergeben, ließen Sie ihn ansteigen.
Laut “Handelsblatt” stehen zwar britische Finanzinstitute im Mittelpunkt des Geschehens, aber erste Verdachtsmomente soll es auch gegen amerikanische und kontinentaleuropäische Finanzinstitute geben. Im Visier der Ermittler ist demnach auch die Deutsche Bank, die eine gewaltige Niederlassung in London unterhält, die vor einigen Monaten von britischen Ermittlern durchsucht wurde
Die Folgen des Skandals
Britische Banken erleben derzeit bereits eine Rücktrittswelle, die sich vermutlich fortsetzen wird, je mehr Details des Skandals ans Licht kommen. Zusätzlich dürften auf die betroffenen Geldhäuser Regressforderungen in Milliardenhöhe zukommen. Der gesamte Vorgang dürfte jedoch auch politische Konsequenzen haben: Im Rahmen der Euro-Schuldenkrise soll es eine gesamteuropäische Bankenaufsicht geben, an der die Briten sich bislang nicht beteiligen wollten.
Premierminister David Cameron sprach sich noch am Wochenende deutlich dagegen aus, doch der Skandal könnte diesbezüglich die Wende bedeuten, wenn tatsächlich britische und kontinentaleuropäische Geldhäuser gemeinsam den LIBOR manipuliert haben sollten.