Nomura-Europa-Volkswirt Jens Søndergaard glaubt nicht, dass die Eurozone trotz der Entspannung in den letzten Wochen die Krise bereits hinter sich gelassen hat. Vielmehr habe die EZB den Banken durch ihre beiden Tender, in denen sich die Finanzinstitute rund eine Billion Euro zinsgünstig leihen konnten, nur Zeit gekauft. Mit der Aktion hätte die Notenbank die Gemeinschaftswährung zwar vor dem Abgrund bewahrt, in den man noch im November geblickt habe, doch die daraus resultierende Entspannung sei zeitlich begrenzt. Wenn die Darlehen zurückgezahlt seien, würden sich in den Büchern der meisten Banken noch immer die giftigen Staatsanleihen der Krisenländer befinden, ist der Däne im Gespräch mit der “Welt” überzeugt.
Situation in Portugal besonders schwierig
Sorgen bereiten dem Ökonomen vor allem die Verhältnisse in Portugal. Das Land sei in vielerlei Hinsicht vergleichbar mit Griechenland, auch hier habe die Regierung ihre Sparziele verfehlt, zudem wachse das Land nur sehr langsam.Vor den Portugiesen liege deshalb ein langer und schwieriger Weg voller harter Arbeit, um die eigene Wirtschaft in der Form zu reformieren, dass diese in Zukunft konkurrenzfähig sei. Auf Dauer sei deshalb auch ein Schuldenschnitt für die Iberer nicht ausgeschlossen, allerdings könne so ein Szenario im schlimmsten Fall zum Untergang des Euro führen.
Die möglichen Folgen eines portugiesischen Schuldenschnitts
Die Politik habe beim griechischen Schuldenschnitt argumentiert, so der Ökonom, dass es sich dabei um eine einmalige und isolierte Situation handele, die sich nicht wiederholen werde. Sollte sich die Lage in Portugal so sehr verschlechtern, dass auch ein Teil ihrer Schulden erlassen werden muss, so hätten die Verantwortlichen jegliches Vertrauen der Märkte verloren. Diese würden sofort damit beginnen, gegen Italien und Spanien zu wetten. Gerade der Stiefelstaat, der im November fast schon einen Schuldenschnitt gebraucht hätte, wäre dann extrem gefährdet.
Sollte auch Italien irgendwann nicht mehr alle Verbindlichkeiten bedienen können, wäre die Währungsunion nicht mehr zu halten, ist der Ökonom überzeugt. Positiv sei aber der eine große Unterschied zwischen Griechenland und Portugal: Anders als die Hellenen ziehen die Iberer ihr Geld nicht aus dem Land ab, dies mache Hoffnung.